Wie er zu uns kam und blieb…

 

Mister Nobody – seines Zeichens waschechter Österreicher ohne Abstammung – war sozusagen eine Urlaubsbekanntschaft.

Sommerurlaub 2003:

Wir verbrachten unseren Familienurlaub im schönen Österreich. Damals war ich 14 Jahre jung und pferdenärrisch. Im Jahr zuvor waren wir bereits im selben Hotel im Urlaub und in diesem Jahr sah ich Nobody das erste mal – buckelnd! Und ich schwor mir, auf den kriegt mich keiner! Doch im Sommer 2003 sollte es anders werden. Nach einiger Diskussion (ich hatte schließlich das Buckelpferd vor Augen) habe ich mich überreden lassen, zur Reitstunde Mister Nobody zu reiten. Und ich habe mich unsterblich verliebt…

Ich, als 14 jähriges Mädchen, welches ich war, begann mich beim Stallbetreiber zu informieren, ob das Pony, welches mir so den Kopf verdrehte noch zu haben sei. Natürlich war es das, doch meine Eltern waren natürlich nicht besonders begeistert von der Idee. Ich ritt ihn täglich und es funktionierte gut, auch wenn er nicht einfach war.

 

In dieser Woche stand ich mit meinen Eltern und der Pensionsbesitzerin (Stall und Pension sind Familienbetrieb) an der Küche und wir sprachen über Mister. Wir erfuhren, dass er 3 jährig kastriert wurde und schon mit 3 Jahren in die Reitschule kam. Allerdings war er kein Pferd, welches sich dem Dasein als Schulpferd annahm – nein er wehrte sich dagegen. Der Seniorchef ging an seiner Frau vorbei und sie sagte: „Herbert! Vielleicht haben wir jemanden für Mister Nobody gefunden!“. Dieser schaute sie an, schüttelte traurig den Kopf und antwortete leise: „Ich glaube nicht, dass wir für ihn nochmal jemanden finden…“, und ging. Das brach und das Herz.

Es gab viele Tränen meinerseits auch nachdem wir schon lang wieder zu Hause waren. In den Herbstferien fuhren wir erneut hin und unterschrieben den Kaufvertrag. An diesem Tag hat er mich zum ersten mal abgeworfen 😉

am 21. November 2003 war es soweit, Mister Nobody zog bei uns ein.

 

Alles anders als gehofft

Mit dem was uns erwartete haben wir nicht gerechnet. Mister war ein Pferd, das mit den Menschen nicht viel gutes verband. Und mit dem Reiten schon gar nicht. Seine Begrüßung war ein stets zur Boxentür gerichteter Hintern. Doch das war nicht alles. Dieses Tier sollte uns mehr als einmal auf die Probe stellen, denn es entwickelte sich zum regelrechten Problempferd.

Langsam musste er lernen, dass es eigentlich etwas schönes war, wenn seine Menschen kamen. Er musste lernen, dass putzen nicht bedeutet, dass er gleich geritten wird, sondern auch einfach mal dazustehen und zu genießen. Das Reiten allerdings wurde für mich zur Tortur, denn bei jedem kleinsten Auslöser begann er zu buckeln… und zwar so richtig! Er hat gelernt, wie er seinen Reiter los wird und wie er dem Schmerz in seinem Maul, welchen er kennenlernen musste, entgehen konnte.

Es wurde schlimmer und schlimmer. Ich hörte auf ihn zu reiten – zu groß war die Angst. Wir gingen spazieren, um ihm zu zeigen, dass es etwas schönes ist, wenn wir da sind. Doch selbst dabei versuchte er oft seinen Kopf durchzusetzen, wenn er in eine andere Richtung wollte. Wochen vergingen und meine Eltern machten mir Mut und ich begann, mich ab und zu führen zu lassen. Da er solche Probleme hatte, der Reiterhand zu vertrauen, suchten wir nach einer weichen, gebisslosen Variante und stießen bei der Suche auf das Bitless Bridle. Er nahm den Zaum gut an und manchmal, wenn wir einen guten Tag hatten, traute ich mich sogar ein wenig zu traben. Nach langer Zeit begann ich, wieder auf dem Platz zu reiten, doch es gab immer wieder Rückschläge.

Mehr zufällig haben wir über bekannte eine Westernreiterin kennengelernt. Sie empfahl mir, es mal mit dieser Reitweise und Ausrüstung zu probieren. Ich hätte besseren halt und könnte wieder mehr Vertrauen fassen. Wir entschieden uns diesen Weg zu gehen und begaben uns auf Sattelsuche. Nach der Umstellung machten wir Fortschritte. Selbst wenn er buckelte, konnte ich dank des massiven Sattels gut sitzen bleiben und er machte es immer seltener. Wir gingen wieder ins Gelände.

 

Bald wechselten wir den Stall und er sah nach längerer Zeit zum ersten Mal wieder eine Reithalle. Er war schneller wieder da raus, als wir bis drei zählen konnten, so einen Schrecken hatte das Gebäude für ihn. Wir arbeiteten, mit viel Zeit und Geduld und zeigten ihm, dass es nicht schlimm war und nicht wieder werden würde wie früher. Wir begannen langsam ein Team zu werden und konnten sogar allein in den Wald reiten. Es begann, Spaß zu machen!

Irgendwann wollte ich einen erneuten versuch in der klassischen Reitweise starten. Wir ließen einen Sattel anpassen, da Mister einen breiten Rücken und wenig Widerrist hat. Auf dem Platz und in der Halle konnte ich schon wieder klassisch reiten. In den Wald ging ich noch lang mit meinem sicheren Westernsattel.

Die Zeit verging, wir arbeiteten am Vertrauen – immer wieder mit Rückschläge, aber wir lernten über die Jahre, uns zu arrangieren und konnten sogar erfolgreich (wenn auch immer wieder mit Buckelei) an Turnieren teilnehmen. Mister blieb – bis heute – ein ganz einzigartiger Charakter und schaffte es als Seelenpferd in mein Herz!

 

Warum er blieb…

Viele fragten uns, vor allem während der schlimmen Phasen, wieso wir diesen „Bock“ behalten. Ja… wieso eigentlich? Wir waren manches mal hoffnungslos, doch unsere Angst, dass er woanders zur Arbeit gezwungen und verprügelt worden wäre, dass er vielleicht von Hand zu Hand geht und am Ende beim Schlachter landen könnte war zu groß. Wir haben uns arrangiert und ich bin sehr glücklich, dass wir diesen harten weg gemeinsam gegangen sind.

Umso wichtiger ist es, dass ich ihn jetzt retten kann – ihm helfen kann, einen schönen Lebensabend zu verbringen!

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